20.06.2022
„Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass Missbrauch, zumindest in bestimmten kirchlichen und verbandlichen Ebenen, bekannt gewesen sein muss.“ Im Auftrag des Präsidiums des Kolpingwerkes Diözesanverband (DV) Münster bezieht Geschäftsführer Uwe Slüter Stellung zur Missbrauchsstudie des Bistums Münster. „Als katholischer Sozialverband haben wir uns den Verantwortungen aus der Vergangenheit, der Gegenwart und ganz besonders für die Zukunft zu stellen“, so Slüter. „Missbrauch ist Menschenvergehen, für Täter wie für Schweigende. Um Gottes willen sollten wir dies von der Lehre Christi und der Ausübung unseres Glaubens trennen.“ Darum sei es für die Zukunft existenziell, dieses Versagen aufzuarbeiten.
Die Historiker belegten auch Verfehlungen von Franz Nienaber während seiner Priestertätigkeiten in verschiedenen Pfarreien, die jedoch leider nie strafrechtlich verfolgt wurden. Nienaber war Diözesanpräses von 1966 – 1971. Er verstarb 2017. Uwe Slüter: „Wir werden wohl davon ausgehen müssen, dass auch Verantwortliche auf verschiedenen Ebenen des Diözesanverbandes durch Schweigen und Wegschauen Missbrauch begünstigt haben.“
Die von Bischof Felix Genn geäußerte Forderung nach einem Ende jeglicher Form des Klerikalismus wertet der DV Münster als Basis aller Veränderungsbemühungen. Dies habe sicherlich, früher noch intensiver als heute, das Verbandleben stark mitprägt. Die vielfach von Geweihten selbst als auch durch Christen empfundene Unantastbarkeit gegenüber Priestern muss einem Bürgerpflichts-Denken weichen. Darum hält das Kolpingwerk die Besetzung der Kommission mit Personen wie Prof. Thomas Schüller für den richtigen Weg. Eine Aufarbeitung des Dunkelfeldes müsse auch für Verbände gelten.
Straftaten, ob vermutet oder belegt, gehören in die Verantwortung unseres staatlichen Rechtssystems. Die Institution „Kirche“ darf sich nicht mehr als eigenverantwortlicher „Staat im Staat“ verstehen und entsprechend passiv handeln können. Mitglieder der katholischen Kirche sind zuvorderst Staatsbürger. Ihre Rechte sind unantastbar! Eine staatliche Aufarbeitungskommission wäre eine der Antworten und Einsichten, die die Kirche zur Rechtssicherheit akzeptieren sollte.
Das Präsidium des DV Münster wird im Rahmen seiner Möglichkeiten den derzeitigen Prozess fördern, dass Frauen sowie Laien sehr viel intensiver und mit mehr Verantwortungen in Pfarrgemeinden und kirchlichen Gremien eingebunden werden.
Wegschauen, unter den Teppich kehren, vertuschen und schweigen müssen aufhören. Das habe man auch auf höherer Ebene jetzt endlich verstanden. Uwe Slüter: „Alle Verantwortlichen, auch wir im Kolpingwerk, werden sich daran messen lassen müssen, dass der von Bischof Genn benannte Maßnahmenkatalog umgesetzt wird. Die Zeit drängt!“
Text: Rita Kleinschneider
In den Pfarreien und Gemeinden, den katholischen Verbänden und Organisationen unseres Bistums wird es weitere Betroffene geben. Wir ermutigen sie, sich an Personen ihres Vertrauens, die Interventionsstelle im Bistum oder anonym über anonym-missbrauch-melden.de zu wenden.
Kolpingwerk Diözesanverband
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