26.06.2020

Katholische Jugendverbände in der NS-Zeit und danach

„Sofa-Edition“ entführt in die Geschichte eines „vergessenen Jugendzentrums“

In der vierten virtuellen Ausgabe der „Sofa-Edition“ im Kolping-Bildungswerk Diözesanverband Münster am 23. Juni nahm uns Referent Dr. Heinz-Ulrich Eggert mit auf eine Zeitreise in die Geschichte der Katholischen Jugendverbände in der Stunde null – 1945.

Er zeichnete sehr eindrucksvoll ein Bild von der Verfolgung der Jugendverbände durch die Nationalsozialisten bis zum Neubeginn in Selbstverantwortung.

Dr. Eggert hatte viele Bilder aus der damaligen Zeit mitgebracht und wusste spannend zu berichten. Die Teilnehmenden fühlten in die Zeit der katholischen Jugendarbeit von 1933 bis in die Tage nach dem Zweiten Weltkrieg mitgenommen. Immer wieder ging es um die Bedeutung eines mittlerweile „vergessenen Jugendzentrums in den Fuestruper Bergen“.

Was anfing als ein Zeltlager der „Sturmschärler“, die hervorgingen aus den Wandergruppen des Katholischen Jungmännerverbandes (KJMV), fand seinen vorläufigen Höhepunkt in der Errichtung des Landheims St. Christopher. Dieses wurde fortan zu einem „festen Zentrum katholischer Jugendaktivitäten“ und wurde getragen durch die Verbandsleitungen der damaligen Zeit. Hier ist allen voran Dr. Johannes Veen, Diözesanpräses des Jungmännerverbandes und des Diözesanverbandes der katholischen Gesellenvereine, zu nennen.

Kinder und Jugendliche erlebten in „Fuestrup“ unbeschwerte Tage mit Zeltlagern, Gottesdiensten unter freiem Himmel und Aktivitäten aller Art.

Im Bewusstsein der Illegalität


1936 brannte das Landheim nieder. Obendrein in einer Zeit, in der christliche Jugendverbände, die das Zentrum als Treffpunkt nutzten, mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten massive Probleme bekamen. Katholische Jugendverbände sahen sich immer wieder Anfeindungen und Schikanen ausgesetzt. Lediglich im Bewusstsein der Illegalität und den damit verbundenen Gefahren war verbandliche Aktivität vorsichtig möglich.

Das endgültige Aus der „freien Jugendverbände“ war der „Himmler-Erlass“ von 1938. Doch trotz des Verbots war im Eliteverband der Sturmschar in Münster von einer resignierenden Haltung keine Spur: Die „münsterischen Sturmschärler“ führten ihre Arbeit fort. Über die Kriegsjahre hindurch, mit „Mut und Glück“.

Der Ort in den Fuestruper Bergen spielte auch nach Kriegsende weiter eine besondere Rolle in der kirchlichen Jugendarbeit. Schon bald kamen engagierte Jugendliche und junge Erwachsenen nach Kriegsende wieder regelmäßig zusammen, um die kirchliche Jugendarbeit wiederzubeleben.

Wie sollte es weitergehen?

In diesen Zusammenkünften ging es auch um die Frage wie es zukünftig weitergehen sollte. Zwei Positionen wurden in den Blick genommen:

  • „Neuaufbau“ oder
  • „Wiederaufbau“?
  • Sollte es künftig eine „Einheitsorganisation“ geben?
  • Auch auf „Kosten der Vielfalt verbunden mit der Sehnsucht nach Einheit“?


Diese Haltung setzte sich nicht durch, viel größer war die Sehnsucht nach verbandlicher Arbeit mit eigener Struktur und eigenem Profil.

Fuestrup behielt seine wichtige Bedeutung für kirchliche Jugendarbeit. In den 50-ziger Jahren wurde die Christopherus Kapelle errichtet und im September 1958 geweiht.

Heute erinnert lediglich die Kuppel als letzter Überrest der Christopherus Kapelle an Fuestrup als Jugendbegegnungsstätte und weist auf diesen besonderen Ort hin. Wenn doch dieser Ort als Zeitzeuge der Geschichte erzählen könnte….

Umso wertvoller ist das 240-seitige Zeitdokument von Dr. Eggert, das er 2017 als Buch und reich bebildert herausgegeben hat.

Anke Heining / rk

Gut zu wissen

buch

„Auf nach Fuestrup!": katholische Jugendverbände im Bistum Münster: der Fall des vergessenen Jugendzentrums in den Fuestruper Bergen (1929-2017), Heinz-Ulrich Eggert

Zu beziehen unter: https://www.aschendorff-buchverlag.de/detailview?no=13118

 
 

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