29.08.2023
Unser Engagement WIRKT - genau das sagt das Logo des Kolpingtages aus.
"Hier. Jetzt.“ bezieht sich auf die Aktualität der Verbandsthemen – und auf die Vielfalt an Aktionen, die der Kolpingtag bietet.
Die Online-Redaktion des Kolpingwerkes will es genauer wissen und befragt einige Kolpinger zu vier Verbandsthemen Glaube, Familie, Bildung, Ehrenamt, die beim Kolpingtag auf der Bühne diskutiert werden. (rk)
Anika-Jasmin Frerichs von der Kolpingsfamilie Barßel, Beauftragte für Familienarbeit im Landesverband Oldenburg.
Kolping und der Einsatz für Familien haben seit jeher einen hohen Stellenwert. Einer der acht Leitsätze aus dem neuen Leitbild des Kolpingwerkes Deutschland heißt: „Kolping sieht die Familie als Grundbaustein der Gesellschaft an und setzt sich für ein gelingendes Familienleben ein.“ Welche Themen oder Angebote sind in eurer Kolpingsfamilie oder im Landesverband Oldenburg wichtig und wie könnt ihr sie in eurer Gemeinschaft umsetzen?
Generationsübergreifendes füreinander da sein ist, was Kolping auch bei uns ausmacht. In unseren Ortsgruppen im Gebiet des Kolping Landesverbands Oldenburg gibt es die verschiedensten Angebote. Es erstreckt sich von Tagesaktionen über Tages- oder Wochenendfahrten, die z.T. von den Familienkreisen vor Ort selbst initiiert und organisiert werden. Bei Rückfragen oder Hilfeanfragen steht der Landesverband unseren Ortsgruppen immer gern zur Seite. Auch auf Landesverbandsebene bieten wir Tages- und Wochenendveranstaltungen an, wie unseren diesjährigen Familientag im Tierpark Thüle am 16.September mit einer digitalen Schnitzeljagd für Groß und Klein. Oder unsere Mutter-Kind und Vater-Kind Wochenenden und ein Adventswochenende für Familien. Wir wollen Familien stärken, wenn wir miteinander unterwegs sind. Eine starke Familie ist der Samen für weiteres Gelingen.
Die demografische Entwicklung kann das Kolpingwerk mit generationsübergreifendem Handeln begleiten. Alle Generationen, von Kolpingjugend bis Senioren, sollen bei uns Gemeinschaft finden. Wie läuft’s bei euch? Und wie kann ein Generationenwechsel in der Vorstandsarbeit gelingen?
Wir erleben, dass es in der Praxis vielerorts sehr schwierig ist, möglichst viele Generationen in einem Vorstand zu vereinen. Berufstätigkeit spielt hierbei eine entscheidende Rolle. In vielen jungen Familien arbeiten beide Elternteile oder bei Alleinerziehenden eben das eine Elternteil. Weiterhin arbeiten ältere Menschen auch oftmals noch in einer Minijobanstellung. Da Platz zu finden bzw. sich bewusst dafür zu entscheiden die Zeit dafür einzuplanen, um sich ehrenamtlich zu engagieren, stellt für Viele eine große Schwierigkeit dar. Man meint, dass ein Engagement neben der Arbeit und dem alltäglichen Wahnsinn nicht leistbar sei und man auch gern noch Zeit für die eigene kleine Familie hätte. Was macht Familie also so besonders? Familie ist der Ort, wo man sein können sollte, genauso wie man ist.
Wann entscheidet man sich also dafür sich zu engagieren? Ich denke, es steht und fällt damit, wie offen die Ohren, Arme und Herzen sind, in die man gerät. Da wo ich mich wohlfühle, engagiere ich mich ja gern. Ich bin sicher, dass ich da nicht allein bin mit dieser Sicht. Damit unser generationsübergreifendes Merkmal greift, ist es aber auch an uns, dass wir Ehrenamt unseren Kindern als selbstverständlich beibringen und ihnen zeigen, dass manche Arbeit anders entlohnt wird, als mit Geld. Ehrenamt wird zum Beispiel an Kinderwochenenden dadurch entlohnt, dass die Kids mit großer Begeisterung feiern, dass man sich für sie engagiert hat oder es wird entlohnt, mit einem Seufzer der Erleichterung, weil man jemandem zugehört hat, dem etwas schwer auf dem Herzen lag.
Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft. Dafür braucht es neben einer funktionierenden Basisgemeinschaft auch politische und strukturelle Voraussetzungen. Zu welchen Themen sollte sich das Kolpingwerk nach deiner Meinung positionieren?
Es wäre schön, wenn das Kolpingwerk die sogenannte Mittelschicht mehr in den Blick nimmt. Familien, die zu viel haben, um staatliche Hilfen in Anspruch nehmen zu können (wie das Paket für Bildung und Teilhabe ), aber zu wenig, um sich z.B. einen Urlaub oder bestimmte Hobbies oder allg. Freizeitaktionen leisten zu können. Zum Schulstart mit drei schulpflichtigen Kindern, inklusive einer Anschaffung eines technischen Geräts, was als von der Schule notwendig erachtet wird, liegt man schnell bei 1000 Euro, wo es keinerlei Zuschuss oder Förderung gibt. Eine differenziertere Betrachtung, kleinschrittigere Staffelung bei solchen Beschaffungen wäre in meinen Augen angebracht.
Im politischen Sinne wäre eine Fokussierung auf die Betreuungssituation von Kindern junger Familien wünschenswert. Es beginnt ja bereits bei ungeborenen Kindern: die Problematik von zu wenig Hebammen, zu wenig Geburtskliniken, weil eine Geburt zu teuer für ein Krankenhaus ist; geht dann weiter mit dem Finden eines Kinderarztes oder überfüllten Kinderkrankenhäusern. Wenn das nicht schon genug wäre, kommt das Problem von zu wenig Plätzen in KiTa‘s aufgrund von Personalmangel. Bekommt man keinen Platz in der KiTa, kann mindestens ein Elternteil nicht arbeiten, was es ja vielleicht gern wollen würde oder ggf sogar muss, um nicht Sozialhilfeempfänger werden zu müssen. Dies schließt ein, ggf. seinen Job zu verlieren, weil man nicht mehr das Arbeitspensum leisten kann, wie vor dem Eltern-Werden und der Arbeitgeber dies aber zum Wieder-Eintritt nach Elternzeit zur Bedingung macht. Es ist ein Teufelskreislauf.
Die Problematik von zu wenig Ärzten vor allem in ländlichen Regionen macht uns im Oldenburger Land in allen Alterspannen Sorgen. Arztpraxen sind maßlos überfüllt, man bangt bei Ärzten auch schon um die Diagnose Burn Out, Zugezogene finden erst gar keinen Hausarzt und müssen ggf. immer auf 116117 zurückgreifen.
Gerade für ältere Menschen ist dies ein Problem, weil hier in den meisten Fällen eine umfassende Betreuung nötig ist und die Krankengeschichte schlichtweg umfassender ist. Die Pflege von Angehörigen wird wegen Berufstätigkeit aus der Familie ausgelagert, was dazu führt, dass es mehr Plätze in Pflegeheimen geben müsste. Durch den enormen Personalmangel in diesem Arbeitsfeld sind die Plätze rar. Berufe, die uns wirklich am Herzen liegen sollten und deshalb mehr Respekt und damit selbstverständlich auch einfach mehr Geld verdienen sollten, sind Berufe wie Erzieher:innen und Pflegekräfte. Sie brauchen unsere Unterstützung, dass sie in ihrem Beruf, den sie gewählt haben, weil sie ihn lieben, lange glücklich sind und auch davon leben können. Mehr Zeit und eine faire Bezahlung ist das, was diese Berufsgruppen benötigen – und ein Applaus für Pflegekräfte richtet da doch sehr wenig aus.
Weiter ist eine Reformation der Lehrkräfte Ausbildung mehr als notwendig. Eine Ausbildung bereitet darauf vor, dass man den Lehrberuf eigenständig ausführen kann. Seit über 40 Jahren wird ein Lehrermangel beklagt – da kann ja an der Ausbildungsart etwas nicht stimmen. An der Universität in meiner Nähe hat man nach zwei Jahren Studium das erste Mal ein Praktikum in der Schule. Ich finde, dass dort Menschen, die genau wissen, was sie werden wollen- aus Überzeugung herausausgebremst und ihnen das falsche Handwerkzeug gelehrt wird. Na klar ist es wichtig Fachfrau/Fachmann in seinem Themengebiet zu sein, aber noch viel wichtiger ist es zu wissen, wie ich Themen Kindern näherbringen kann und dass die Praxis in dem Job von Anfang an viel mehr Gewicht hat. Das würde auch den Schulen guttun, wenn sie Studierende quasi mit ausbilden.
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