19.09.2022
Dem Diözesanvorsitzenden des Kolpingwerkes im Bistum Münster, Harold Ries (Xanten), stand bei der Begrüßung der ca. 70 Delegierten und Gäste zum Diözesanhauptausschuss am Samstag (17.09.) in Coesfeld die Freude ins Gesicht geschrieben. „Ich freue mich auf die heutigen Beratungen, ich freue mich, dass wir uns treffen können und ein Zeugnis abgeben können für ein lebendiges Kolpingwerk im Bistum Münster.“ Gleichwohl nahm er kein Blatt vor den Mund und sprach die aktuellen Themen an. „Wir stehen im Verband und auch gesellschaftlich vor ganz großen Herausforderungen.“ Im gesamten Verband und auf allen Ebenen falle nach Corona sowie bei den derzeitigen Sorgen um die Auswirkungen des Ukrainekrieges und der Energieversorgung ein Neustart schwer. Im Studienteil des Tages wurde ein Konzept vorgestellt, wie dieser mittels neuer Angebote gelingen könne. „Dabei stehen unsere Ehrenamtlichen immer im Mittelpunkt“, so Ries.
Zur Missbrauchsstudie nahm der Diözesanvorsitzende ebenfalls Stellung und ermutigte alle, „die in den Strukturen unseres Verbandes – heute oder in der Vergangenheit – sexualisierte Gewalt erleben mussten, sich an uns zu wenden. Wir werden jedem Verdacht von Missbrauch in unserem Verband nachgehen. Wir wollen hinsehen, nicht wegsehen.“ Das Schweigen von Laien und Mittwissenden im Kolpingwerk ermöglichte diese Taten. „Auch in den Kolpingsfamilien und in unseren eigenen Strukturen kann Missbrauch nicht ausgeschlossen werden.“
Scharf verurteilte Harold Ries den völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine. Es müsse alles getan werden, damit es nicht noch mehr Opfer gibt. Ries: „Dieser Krieg darf durch die Staatengemeinschaft nicht geduldet werden. Die Ukraine muss umfassend unterstützt werden, ihre staatliche Souveränität und ihre Freiheit zu verteidigen.“ Mit der Vorlage eines Antrages an den Diözesanhauptausschuss zum Krieg gibt es in den Augen des Diözesanvorsitzenden erstmals eine deutliche Einordnung eines großen katholischen Verbandes.
Als Kolping-Geschäftsführer ist es an Uwe Slüter (Münster), auf die Wirtschaftlichkeit des Diözesanverbandes mit über 185 Arbeitsplätzen ein waches Auge zu haben. Bisher sei man aus betriebswirtschaftlicher Sicht und dank vielfältiger Unterstützung relativ gut durch die diversen Krisen gekommen. Zukünftig müsse man mit deutlich weniger Bistumszuschüssen und Mitglieder-Beitragszahlungen auskommen. „Durch Mittel der nun nach kirchlichem Recht verselbstständigten Kolping-Stiftung des Diözesanverbandes wird Gebäude und Grundstück der Diözesangeschäftsstelle in Coesfeld vom Bistum in das Eigentum des Diözesanverbandes übergehen“, informierte Slüter den Diözesanhauptausschuss. Und auf dem Gelände der ehemaligen Diözesangeschäftsstelle in Münster wird ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet. „Wir haben mit diesen Entscheidungen wichtige Weichen für die finanzielle Zukunft des Diözesanverbandes getroffen.“
Einstimmig wählten die Delegierten in geheimer Wahl Pater Thaddäus Vos, Benediktinerpater der Abtei Gerleve, zum neuen Diözesanpräses. Nach einem Jahr Vakanz durch den Wechsel von Franz Westerkamp ist die Geistliche Leitung des Diözesanverbandes mit Alexandra Damhus und P. Thaddäus nun wieder paritätisch besetzt.
Nach Rücksprache mit der Personalabteilung im Bistum und der zustimmenden Wahl durch die Kolping-Delegierten wird er ab Dezember mit einem Stellenanteil von 25 Prozent für das Kolpingwerk als Diözesanpräses tätig werden. Zuvor war er zwei Jahre Pfarrer in St. Andreas in Altenstadt / Bistum Mainz. „Eine Aufgabe, die mir viele neue Erfahrungen und Horizonte geschenkt hat“, so der 54-Jährige. Darum bringe er sich mit dem verbleibenden Stellenanteil gern in die Pfarrgemeinde St. Lamberti Coesfeld als mitarbeitender Priester ein.
„Genauso wie im Miteinander einer Pfarrgemeinde kommt es auch in einem Verband darauf an, gut und offen miteinander zu reden. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Diözesanseelsorgerin Alexandra Damhus, mit den Gremien, der Kolpingjugend, den Kolpingsfamilien und den Kolpingschwestern und -brüdern“, so P. Thaddäus in seiner Antrittsrede. „Ich möchte mit ihnen allen dieses Stück des Glaubensweges gehen, der sich, wie wir alle wissen, in der gegenwärtigen gesellschaftlichen wie kirchlichen Situation für uns als Kirche, als Verband, aber auch ganz persönlich als glaubende Menschen in Prozessen der Veränderung, darin aber womöglich auch der guten Weiterentwicklung befindet.“
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Zur Vita:
Pater Thaddäus Vos (bürgerlich: Dominik Vos)
Geboren 1967 in Beckum, aufgewachsen in Cloppenburg.
April 1989 Eintritt in die Benediktinerabtei Gerleve, November 1990 Profess abgelegt.
Juli 1998 Priesterweihe.
Studium der Betriebswirtschaftslehre an der FernUniversität Hagen an, zur Vorbereitung auf den Dienst als Cellerar (Ökonom der Abtei). Diese Aufgabe von 2005 bis 2019.
Seit Mai 2020 als Pfarrer in zwei Diasporagemeinden in Altenstadt bzw. Büdingen in der Wetterau nahe Frankfurt.
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Kerstin Stegemann (Kolpingsfamilie Münster-Zentral), seit 2018 Vorsitzende des Diözesanfachausschusses „Verbandsentwicklung“, wurde mit dankendem Applaus der Delegierten aus diesem Amt verabschiedet. Als Fachausschuss-Vorsitzende gehörte sie auch dem Diözesanvorstand an. Eine Neubesetzung erfolgt auf der Diözesanversammlung 2023.
Mit Beschlüssen zu den Anträgen „Für Frieden in der Ukraine“, zur Situation von „Familien“ sowie einem Initiativantrag zum „Synodalen Weg“ brachte sich der Diözesanhauptausschuss in die politische Diskussion ein:
„Für Frieden in der Ukraine“
Der Angriffskrieg darf durch die Staatengemeinschaft nicht geduldet werden. Die Ukraine muss dahingehend unterstützt werden, dass sie ihre staatliche Souveränität und ihre Freiheit verteidigen kann. Das Kolpingwerk zeigt sich mit den Ukrainern solidarisch. Dies wird durch die vielen ehrenamtlichen Initiativen auch im internationalen Kolpingwerk deutlich. Es gilt weiterhin, Lebensmittel zu spenden und Hilfsgüter zu transportieren. Die Aufnahme von schutzbedürftigen Menschen ist für uns selbstverständlich und wird derzeit aktiv im Diözesanverband Münster an verschiedenen Standorten umgesetzt. Unsere neuen Mitbürger benötigen eine Bleibeperspektive und Integrationsangebote in den Arbeitsmarkt. Auch hierbei ist das Kolpingwerk behilflich.
Solange die Aggression andauert, ist eine Zusammenarbeit mit Russland nicht möglich. Wir fordern die Bundesregierung auf, weiterhin alles zu tun, uns aus der Abhängigkeit fossiler Brennstoffe aus Russland zu befreien unter Berücksichtigung von Maßnahmen gegen den Klimawandel.
„Familien stärken“
Das Kolpingwerk DV Münster würdigt die Leistungen sowie die immensen Herausforderungen der Familien unseres Landes. Dies erwarten wir auch von politischen Verantwortlichen auf allen Ebenen als durchgängiges Kriterium bei Entscheidungen. Es sollten bei Expert:innenräten in Landes- und Bundesregierung stets auch Familien- und Kinderexpert:innen vertreten sein. Eine Jugendverträglichkeitsprüfung ist bereits im NRW-Koalitionsvertrag festgeschrieben. Gleiches, nämlich eine Familienverträglichkeitsprüfung, fordert das Kolpingwerk ebenso als festen Bestandteil bei Gesetzesberatungen.
Praktische Hilfen, etwa durch eine einheitliche Festlegung von beweglichen Ferientagen innerhalb eines Bundeslandes, ein regelmäßiges Angebot an Notbetreuungsplätzen für Kinder sowie die vereinbarten Förderungen von Familienerholung als Instrument zur Entlastung von Familien, sollen auch nach dem Auslaufen von Programmen wie „Corona-Auszeit für Familien“ weiterhin angeboten werden. Der Koalitionsvertrag ist hier entsprechend und zeitnah umzusetzen.
„Kirche im Aufbruch“: Schatten und Licht bei der Vierten Synodalversammlung
Noch unter den aufwühlenden Eindrücken vor genau einer Woche (10.09.) aus dem Synodalforum in Frankfurt / Main zur Neubewertung der Sexualethik „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ wurde unmittelbar auf dem Diözesanhauptausschuss des Kolpingwerkes Diözesanverband Münster ein Initiativantrag gestellt, der 100-prozentige Zustimmung fand.
Zum Sachverhalt:
Trotz zweijähriger Vorarbeit und vielfältigen Möglichkeiten der Beteiligung erreichte dieser Grundlagentext in der Zweiten Lesung nicht die erforderliche 2/3 Mehrheit der Bischöfe. Über 80 Prozent der Synodalvertreter:innen hingegen sprachen sich dafür aus. Besonders erschreckend ist, dass dies im Vorfeld der Diskussion nicht absehbar war. Es hatten sich lediglich drei Bischöfe dahingehend geäußert dem Papier nicht zustimmen zu können.
Somit gilt nun die geforderte Neubewertung des Geschlechtsverkehrs innerhalb der Ehe (nur zur Zeugung von Kindern erlaubt) sowie die Neubewertung von Homosexualität unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Forschung als „abgelehnt“. Dies entspricht nicht der Lebenswirklichkeit der Menschen.
Trotz dieses Eklats entschieden die Synodalvertreter:innen weiter zu tagen. So konnten andere wichtige Themen, wie der Grundlagentext zu „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“, „Priesterliche Existenz heute“ (u. a. Pflichtzölibat) beraten und beschlossen werden.
Das Kolpingwerk ist dankbar für die erforderliche Mehrheit auf der Synodalversammlung, dass nun ein „synodaler Rat für die katholische Kirche in Deutschland“ eingerichtet wird. Er soll künftig mit Laienbeteiligung Grundsatzentscheidungen treffen, die überdiözesane Relevanz zu pastoralen Planungen, Zukunftsfragen und Haushaltsangelegenheiten der Kirche haben.
Erfreut nimmt das Kolpingwerk DV Münster zur Kenntnis, dass sowohl unser Diözesanbischof Dr. Felix Genn wie auch die meisten Synodal-Delegierten aus dem Bistum Münster den weiteren Reformpapieren zustimmten und so der Kirche in Deutschland einen Weg in die Zukunft ebnen.
Mit dem „Silbernen Ehrenzeichen“ des Diözesanverbandes Münster wurden ausgezeichnet:
Das „Silberne Ehrenzeichen“ wird an Mitglieder des Verbandes für besondere Verdienste um den Diözesanverband oder für herausragende Verdienste auf überörtlicher Ebene des Diözesanverbandes verliehen.
Text: Kolpingwerk DV Münster / Rita Kleinschneider
Fotos: Kolpingwerk DV Münster / Stefanie Haverkock
Kolpingwerk Diözesanverband
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